Von Mühlen und Müllern – technisch-genealogische Betrachtungen zu Wasserbetriebswerken, Vortrag von H. Peter Brandt im Rahmen des Treffens der Arbeitsgruppe Familienforschung, am Mittwoch, 12.03.2014 um 19:30 Uhr in der Pfarrscheune in Niederbrombach.
Das Mahlen von Getreide gehört zu den ältesten und wichtigsten Techniken der Menschheit. Früheste Mahleinrichtungen hat es schon vor 7.000 Jahren in Mesopotamien und Ägypten gegeben. Um etwa 4.500 vor Chr. wurden verschiedene Mahltechniken auch in Europa bekannt. Wassermühlen (molinae aquariae) sollen durch die Römer nach Deutschland gebracht worden sein. Darauf deuten auch einige Begriffe und Namen hin, die teilweise eingedeutscht wurden („mola“ „molina“= Mühle, „molere“= mahlen, „molinarus“ = Müller).
Es war ein langer Weg der von einfachen Mörsern über Reibsteine, Hand- und Tretmühlen, Göpelwerkenund Tiermühlen, Wasser- und Windmühlen bis zu modernen Motor- und Elektromühlen führte. In dem Vortrag geht es insbesondere um Wassermühlen, aus denen vielfältige andere Wasserbetriebswerke entwickelt wurden, die in der für diese Technik günstige Mittelgebirgslandschaft an der oberen Nahe eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung der spielten. Gab es doch hier einst neben den klassischen Mehl- (Mahl-) Mühlen auch zahlreiche Öl-, Loh-, Walk-, Gips-, Schneid-, Hammer-, Papier- oder Schleifmühlen. Letztere spielten im Idar-Obersteiner Raum eine ganz besonders wichtige Rolle, was aber allgemein bekannt ist und wegen der Fülle der Überlieferung im Vortrag diesmal nicht behandelt werden soll. Nicht in allen Betrieben die man als Mühle bezeichnete, wurde auch tatsächlich etwas gemahlen. Man spricht in diesem Zusammenhang von „uneigentlichen Mühlen“. So wurde z. B. in Sägewerken Holz zugerichtet, in Hammermühlen zerstampfte man Roherze, in Walkmühlen wurden wichtige Arbeitsgänge für die Herstellung von Stoffen oder in Lohmühlen zur Gerbung von Leder durchgeführt. Wasserkraft und Mühlentechnik spielten nicht nur bei der Achatschleiferei sondern auch im heimischen Berg- und Hüttenwesen eine ganz wichtige Rolle. Sie wurde eingesetzt an den Gebläsen der Hochöfen, zur Wasserhebung oder den Betrieb von Förderkörben in den Bergwerken, zur Be- oder Entwässerung von Feldern – aber auch bei der Herstellung von Draht, Farben, Leim u.a.m.
Die Vielfalt der Technik spiegelt sich auch in den Berufen der Menschen wider, welche in den unterschiedlichsten Mühlen tätig waren. Da gab es nicht nur einfache (Mehl-) Müller, sondern spezielle Öl-, Walk-, Papier-, Schneidmüller usw. aber auch Hüttenleute, Kunststeiger, Klingenschleifer oder Mühlenweber. Und all diese – mitunter sehr speziellen – Berufe hatten auch höchst unterschiedlich Auswirkungen auf das Leben der (Spezial-) Müller und ihre Nachkommen. Daraus ergeben sich auch genealogische Besonderheiten. Müller galten mitunter als „unehrlich“, wurden mit Scharfrichtern, Schindern oder Kriminellen auf eine Stufe gestellt, und ihre Nachkommen hatten keine Möglichkeit einen „anständigen“ Beruf zu erlernen. Andererseits gab es aber auch sehr wohlhabende Müller, einflussreiche Hüttenherrn oder hochbezahlte Spezialisten, die als Kunststeiger oder Mühlenärzte gesellschaftlich in hohem Angesehen standen. Da man vorwiegend innerhalb des eigenen Standes heiratete, hatten diese Berufe auch vielfältige genealogische Auswirkungen.